Dmitrij Kapitelmans Lesung zu seinem neuen Roman „Russische Spezialitäten“ war lebendig und ausdrucksstark. Gefragt nach dem Motiv, von Bonn aus zur Lesung anzureisen, antwortete mir der stattliche Herr im schwarzen Rollkragenpullover, dass er seit 20 Jahren alle Bücher der Autoren, die auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis stehen, sammle – und zwar handsigniert. Und heute Abend sei der 400. Band fällig.
Für alle anderen war die Lesung ein Anlass, die Unvereinbarkeit der aktuellen osteuropäischen politischen Manöver zur reflektieren, die sich in der von Dmitrij Kapitelman dargestellten Geschichte einer ukrainisch-jüdisch-moldawischen Familie widerspiegelt, deren Mutter sich den russischen Lügen verschrieben hat und deren Sohn sich den Auswirkungen der russischen Invasion durch eine Reise in seine Geburtsstadt Kiew stellt. Kapitelmans Roman, der auch witzige und surreale Züge trägt (sprechende Fische), hat viel mit der Biografie des Autors zu tun, der in der intimen Atmosphäre von Sonja Vieths Buchhandlung ein ernstes Thema dennoch amüsant und authentisch an die Leser bringt. (JGS)




